Telefon und Online-Beratung in den Arbeitsfeldern der Jugendhilfe

Zu Zeiten wie in der aktuellen Coronakrise wird eine Begegnung zwischen Fachkräften der Jugendarbeit und den Nutzer*innen nur über digitale Medien möglich sein. Das erfordert insbesondre in den Beratungsprozessen ein paar Veränderungen in der Herangehensweise. Hier möchte ich einige Hinweise für onlinegestützte Beratung geben.

Der Begriff „Onlineberatung“ (Internetberatung) beschreibt eine computergestützte Beratung, die über das Internet geschieht. Unter den Oberbegriff „Onlineberatung“ werden verschiedene Angebote zusammengefasst: E-Mailberatung, Chatberatung (Einzel- oder Gruppenchat), Beratung in Foren wie auch auf Videogestützten Plattformen.

Der Umgang mit internetbasierten Kommunikationsmedien ist für viele zum Alltag geworden. Für junge junge Menschen ist es selbstverständlich, dass Beratung auch über diese Kanäle erfolgen kann. lm Zeitalter von Individualisierung und Flexibilisierung sind sie es gewohnt aus einer Vielzahl an Angeboten auszuwählen und diese auch orts- und zeitungebunden zu nutzen. Online-Beratung wird vorwiegend von Klienten und Klientinnen genutzt,

  • die aufgrund besonderer Themen den Schutz der Anonymität sowie Möglichkeiten zur Kontaktsteuerung benötigen, um ihre Probleme offen kommunizieren zu können.
  • deren Mobilität oder Lebensumstände es nicht zulassen, eine Face to Face-Beratung aufzusuchen.
  • die lokal keine Beratung in Anspruch nehmen können oder wollen.
  • denen aufgrund ihrer Sozialisation (z. B. Jugendliche) oder ihrer beruflichen Tätigkeit computervermittelte Kommunikation alltagsvertraut ist.
  • die unter sozialem Druck stehen.
  • deren Zeit es nicht zulässt, Angebote der Soziale Arbeit während begrenzter Öffnungszeiten aufzusuchen.
  • die lieber schreiben als reden.

Zur Beratung:

Die DGOB schreibt zum Beratungsverständnis:

„Definiert man Online-Beratung als alternatives Setting, eröffnet sich Ratsuchenden die Wahl, auf welchem Weg (örtlich/mündlich versus virtuell/schriftlich) sie psychosoziale Beratungsleistungen in Anspruch nehmen wollen. Die nach dem „Ankommen“ der Ratsuchenden beginnende Beratung orientiert sich – wie auch jetzt schon – am Beratungsverständnis (Wert- und Zielorientierung) der zum Einsatz kommenden Schulmethode(n).

Bei der Definition der Online-Beratung (Zur Definition Online-Beratung) wurde darauf hingewiesen, dass online auf Basis aller Schulmethoden beraten werden kann. Weshalb die von den zuständigen Fachverbänden veröffentlichten Wert- und Zielorientierungen auch für die Online-Beratung Gültigkeit besitzen.

Soweit Anpassungen bestehender Richtlinien und Standards an die schriftliche Kommunikation erforderlich sind, bietet die DGOB den Fachverbänden ihre Expertise an. Anpassungen sind immer dort vonnöten, wo sich das Beratungsverständnis prototypisch an mündlicher Kommunikation orientiert.

Aus Sicht der DGOB entspricht es einem professionellen Selbstverständnis, Online-Beratung nur dann anzubieten, wenn die dazu notwendigen Kenntnisse und Kompetenzen durch einschlägige Fort- und Weiterbildungen erworben wurden.

Ein adäquates Verständnis von Online-Beratung erkennt an, dass die Entscheidung, in welchem Medium (schriftlich oder mündlich) sie beraten werden wollen, in der Hoheit der Ratsuchenden liegt.

Onlineberatung ist ein alternatives, eigenständiges, der f2f-Beratung gleichwertiges Beratungssetting, sofern die medialen Bedingungen dieser Beratungsform beachtet und Beratungsprozesse entlang dieser Bedingungen ausgerichtet werden – jeweils unter Einhaltung fachlicher und technisch-organisatorischer Maßnahmen (TOM).

Beratende Kommunikation kann offline wie online als bevormundend oder auf andere Art als unangenehm erlebt werden. Aus Sicht der DGOB setzt Online-Beratung daher die Bereitschaft zur kontinuierlichen Selbstreflexion voraus, insbesondere gegenüber persönlichen Eigenarten bei der Anwendung von Sprache. Problematische Anteile können bei der Erstellung von Texten deutlich zu Tage treten und bieten einen bevorzugten Einsatz zur Selbstreflexion des eigenen Beratungsstils. Online-Berater*innen, die im Sinne dieses Beratungsverständnisses beraten, arbeiten fehleroffen, d.h. sie sind in der Lage, sich mit den Ratsuchenden auf eine Metakommunikation über die Art und Weise der angebotenen Hilfestellung und der sprachlichen Darbietung dieser einzulassen.“ (DGOB (2018): Das Beratungsverständnis der DGOB. Dudenhofen. Webabruf: https://dg-onlineberatung.de/vorstandsmaterialien/ [PDF])

Material und Standards zur Onlineberatung

Gute Beispiele für Online Beratungsangebote

 

Checkliste „Struktur und Verlauf des Onlineberatungsgespräches“:

  • Festlegung des äußeren und inneren Rahmens des Beratungsgespräches;(Medium, Zeitfenster, Sicherheitsaspekte, Schweigepflicht, Datenschutz
  • Sicherung der Führung des Gesprächsverlaufs und ggf. erforderlichen Anpassung durch die Berater*innen;
  • Fünf Phasen des (Online)Beratungsgespräches:
    • 1. Phase: Vorbereitung des Beratungsgespräches durch Selbstklärung,. Bin ich bereit, funktioniert die Technik zuverlässig, kann ich mich auf meine Beratungskompetenzen verlassen, ist der Raum gut gewählt, kann ich Störungen vermeiden?
    • 2. Phase: Beziehungs- und Situationsklärung durch Schaffung einer tragfähigen Beziehung zwischen Beraterin und Ratsuchender sowie Erörterung der Ziele, Erwartungen, der vorgesehenen Struktur des Gesprächsverlaufs etc.  heißt:
      Beachte auch hier unbedingt die Auftragsklärung und Rahmen besprechen und verfügbar machen.
    • 3. Phase: Bestimmung des inhaltlichen Rahmens der Beratung durch gemeinsame Festlegung des Themas bzw. Problems.
    • 4. Phase: Herausarbeitung von konkreten Lösungs- und Kompetenzstrategien
      In der prof. Berater*innenhaltung auch hier Vorschläge nur wenn sie tatsächlich dem Prozess dienen und wenn der Klient diese hören will.
      „ Hausaufgaben geben, Möglichkeiten der Umsetzung außerhalb der Beratungssequenzen prüfen
    • 5. Phase: Abschluss des Beratungsgespräches mit Hilfe der Metakommunikation
      Gestaltung des Nachkontakts, evtl. neuen Termin

Entsprechend der Wahl des digitalen Mediums und des Endgerätes können die Phasen sehr unterschiedliche Gewichtung haben. Doch wie im Alltag der Jugendarbeit Beratung in unterschiedlichsten Setting stattfinden kann, ist es auch die Kunst der Onlineberatung, das vom Klient gewählte Setting optimal zu nutzen.


Ingo Gelfert
Bildungsreferent
AGJF Sachsen e.V.

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